Ziel des interdisziplinären Projektes war die Entwicklung einer hochabsorbierenden, massereduzierten Betonschallhaube zum technischen Schallschutz von BHKW. Es wurde ein akustisches Konzept zur Innenraumgestaltung basierend auf einer Kombination von drei Absorbertypen und einem haufwerksporigen Leichtbeton erfolgreich entwickelt.
Betonschallhaube mit haufwerksporigen Absorberelementen
Der technische Schallschutz von Aggregaten zur Kraft-Wärme-Kopplung in Blockheizkraftwerken (BHKW) ist von wachsender Bedeutung. Dies ist unter anderem auf die intensive Nutzung von Biogas zurückzuführen. Für dezentrale BHKW-Anlagen kommen bauliche Hüllen zur Anwendung, die als schallgedämmte Stahlblech-Container oder Betonschallhauben (BSH) ausgeführt werden. BSH werden aufgrund der größeren Schalldämmung bevorzugt für Umgebungen mit niedrigen Imissionsrichtwerten wie beispielsweise Wohngebieten eingesetzt, sind dauerhaft und bieten mehr Raum für die Anlagentechnik. Darüber hinaus lässt sich die Gestaltung der Außenhülle besser an das städtische Umfeld anpassen. Konventionelle BSH werden aus monolithischen Stahlbetonfertigteilen hergestellt. Bei einer typischen Masse von ~ 60 t (l/b/h: 9,0/3,3/3,5 m) bedingt dies einen erheblichen logistischen und montagetechnischen Aufwand. Bislang war es nicht möglich, die Anlagentechnik werkseitig zu integrieren und gemeinsam zum Standort zu transportieren.
Interdisziplinäres Kooperationsprojekt
Das interdisziplinäre Kooperationsprojekt (IAB Weimar gGmbH, Büscher GmbH & Co.KG, Akustikbüro Krämer & Stegmaier Eschenröder & Osenberg GbR, AIS Kursawe Anlagenbau & Industrieservice) war auf die Entwicklung einer hochabsorbierenden Betonschallhaube zur verbesserten Schalldämmung von BHKW insbesondere im tiefen Frequenzbereich ausgerichtet. Dies soll den Bau von BHKW-Anlagen in unmittelbarer Nähe schutzbedürftiger Bebauung ermöglichen und damit die effiziente Verwertung der erzeugten Wärme sicherstellen. Gleichzeitig sollen die Transportmassen deutlich reduziert werden, um eine Vormontage von BSH und Anlagentechnik zu ermöglichen.
Projektansatz und Ausgangslage
Die Luftschalldämmung konventioneller Stahlbetonfertigteile beruht insbesondere auf deren großer flächenbezogener Masse. Eine einfache Verringerung der Wandstärken zur Massereduzierung würde zwangsläufig mit verminderten Schalldämmeigenschaften einhergehen. Dagegen ist die Schallabsorption der innenseitigen, schallharten Betonflächen vernachlässigbar klein. Hierauf beruht der Projektansatz. Die angestrebten Projektziele ließen sich durch die Entwicklung und Umsetzung eines akustischen Konzeptes zur schallabsorbierenden Auskleidung der innenseitigen Wandflächen erreichen. Der Fokus der Untersuchungen richtete sich insbesondere auf die wirksame Verminderung der von BHKW dominant emittierten, tieffrequenten Schallkomponenten zwischen 60 und 250 Hz. Die Kombination poröser, mikroperforierter und selektiver, resonanter Absorber auf der Grundlage eines optimierten, haufwerksporigen Leichtbetons führt zur signifikanten Senkung des Innenraumpegels über einen breiten Frequenzbereich. Standortabhängige Schallschutzanforderungen lassen sich durch die jeweilige Auslegung und flächenmäßige Gewichtung der akustischen Bauteile berücksichtigen. In Verbindung mit der vollständigen Überarbeitung des statisch-konstruktiven Konzeptes konnten die erforderliche Schalldämmung der Betonaußenwände und damit deren Wandstärken auf 80 mm verringert werden.
Entwicklungsprozess und Ergebnis
Die Entwicklung der zementgebundenen, akustischen Absorber mit haufwerksporigem Gefüge erfolgte auf der Grundlage leichter, mineralischer Gesteinskörnungen. Bei der Auswahl geeigneter Ausgangsstoffe wurden neben den akustischen und mechanischen Eigenschaften auch Brandschutzanforderungen berücksichtigt. In das stoffliche Versuchsprogramm wurden Blähglas- und Blähtongranulate unterschiedlicher Korngrößen einbezogen. Für das Erstellen der Versuchspläne und Auswertung der Versuchsergebnisse wurden Methoden der statistischen Versuchsplanung angewandt. Als Einflussfaktoren wurden der Zement- bzw. Zementleimgehalt und der Quarzsandanteil bei identischem Volumen der leichten Gesteinskörnungen variiert. Als Antwortgrößen wurden die zugehörigen Frisch- und Festbetoneigenschaften sowie die akustischen Eigenschaften im Impedanzrohr bestimmt. Im Ergebnis der vorgenommenen Untersuchungen wurden auf Grundlage einer numerischen Optimierung geeignete Zusammensetzungen zum Erreichen der gewünschten akustischen und mechanischen Antwortgrößen abgeleitet.
Funktionsmuster im IAB-Wandprüfstand
An einem werksmäßig gefertigtem Funktionsmuster wurden im Wandprüfstand der IAB gGmbH aus der gemessenen Nachhallzeit, der Pegeldifferenz und dem Verlustfaktor das frequenzabhängige Schalldämmmaß bestimmt. Das bewertete Schalldämmmaß RW des bisherigen Wandaufbaus wurde um 9 dB auf 53 dB verbessert. Die flächenbezogene Masse des Wandelementes ließ sich gegenüber einem 16 cm Stahlbeton-Fertigteil um mehr als 35 % reduzieren. An einem BSH-Funktionsmuster konnte gezeigt werden, dass sich auf Grundlage dieses Wandaufbaus eine für die Vormontage hinreichend geringe Transportmasse der entwickelten BSH unter 40 t bei hervorragenden Schalldämmeigenschaften erreichen lässt.
Ansprechpartner
Dipl.-Ing. René Tatarin
+49 (0) 3643 8684-131
+49 (0) 3643 8684-113
r.tatarin∂iab-weimar.de
Projektpartner
► Betonwerk Büscher GmbH & Co. KG
► Eschenröder & Osenberg GbR
► Akustikbüro Krämer & Stegmaier GmbH
► AIS Anlagenbau & Industrieservice Kemberg