Gemeinsam mit der KTW Kunstoff-Technik GmbH und dem Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. werden seit Jahren Verwertungsstrategien für die mit dem Abbruch von Wohngebäuden in Thüringen verbundenen Abfallmengen entwickelt. Ein Objekt, welches mit dem Einsatz recycelter Elemente realisiert wurde, ist die Trauerhalle in Mellingen bei Weimar.
Recycling Platte: – Neubau einer Trauerhalle aus demontierten Stahlbetonelementen
Das Objekt Trauerhalle
Die Trauerhalle in Mellingen hat eine Grundfläche von 68,45 m2. Die äußeren Abmessungen betragen 6,73 m x 10,17 m. Sie bietet 45 Sitz- und 10 Stehplätze. Für den Rohbau kamen rückgebaute Giebelwandelemente aus einem Plattenbauwohngebäude der Thüringer Wohnbaureihe WBR 80 – E zum Einsatz. Die Elemente wurden durch eine Holzkonstruktion ausgesteift. Diese bestand aus einer umlaufenden Holzpfette, Brettschichtsparren und einer Furnierschichtplatte sowie Zugbändern zur Aussteifung. Als Dachhaut wurde eine Kunststoffbahn mit Bekiesung ausgewählt.
Konzeption und Realisation
Das Gebäude wurde als Kaltraum konzipiert, daher konnte auf zusätzliche Wärmedämmmaßnahmen an den Außenwänden verzichtet werden. Lediglich das Dach erhielt eine Polystyrol-Dämmung von 10 Zentimetern – nicht zuletzt wegen des sommerlichen Wärmeschutzes. Im Interesse einer Nutzung der Trauerhalle in den Winter- und Übergangsmonaten wurde der Neubau mit einer elektrischen Fußbodenheizung versehen. Die Baukörpergestaltung ist dem Geist des Ortes entsprechend schlicht gehalten. Die vertikalen Öffnungen werden durch die Stellung der gebrauchten Giebelwandelemente gebildet. Die Öffnungsmaße der gegenüberliegenden Seiten korrelieren jeweils zueinander. Über die Lichtbänder an den Längsseiten im Bereich der Dachkonstruktion gelangt diffuses Licht in den Innenraum und inszeniert eine spannungsvolle Stille. Diese wird durch das Beleuchtungskonzept (diffuse Lichtquellen in den Gebäudeecken) zusätzlich unterstrichen. Die Eingangstür ist massiv, eben und flächig.
Innen- und Außensicht der Trauerhalle
Der Charakter der “Platte” ist im Innenraum erlebbar. Der in Wischtechnik aufgetragene, warme, erdige Rotton wertet die nicht behandelte Oberfläche der Stahlbetonelemente auf und unterstreicht das stimmungsvolle Ambiente. Das Blaugrau der Fenster und Türen setzt sich wohltuend im Innen- und Außenraum ab. Die naturbelassene Holzdecke schafft Leichtigkeit und “öffnet” den Raum nach oben.
Die Außenansichten wurden durch eine horizontale Holzlattung geprägt. Auf eine Behandlung des Holzes wurde verzichtet. Das langsame Ausgrauen und damit eine untergeordnete Dominanz im Friedhofsbereich ist Gestaltungsabsicht. Im Eingangsbereich wurde eine Vordachkonstruktion aus Stahl installiert. Die geometrisch klaren Formen des Gesamtbaukörpers schaffen eine wohltuende Distanz zur vorhandenen Gruft und zur Kirche.
Durch die Verwendung minimalistischer Gestaltungsmittel wird die “Platte” aufgewertet. Der Neubau der Trauerhalle Mellingen stellt ein gelungenes Beispiel für die Wiederverwendung rückgebauter Stahlbetonelemente aus dem Plattenbau dar. Mit seinem Architekturanspruch tritt der Neubau dem Negativimage Platte würdevoll entgegen.
Projektdaten
- Bauherr: Gemeinde Mellingen
- Planung: IFF Weimar e. V. (jetzt IAB Weimar gGmbH)
- Ausführung: KTW Kunststoff-Technik GmbH (KTW Unternehmensgruppe), Weimar
- Nutzfläche: 56,80 qm
- Umbauter Raum: 260,00 cbm
Baumaterialien
- Fundament: Streifgenfundament
- Rohbau: Giebelwandelemente DPA 1.02 4 Stck
- Giebelwandelemente DPA 2.02 2 Stck
- Giebelwandelemente DPA 3.02 2 Stck
- Spendergebäude: Wohngebäude WBR 80 | Waltershausen Rückbau 2004
- Dachstuhl: Brettschichtholz B14
- Dachhaut: Kunststoffbahnen mit Bekiesung auf Wärmedämmung
- Außenbekleidung: Lattenrost aus Lärchenholz
- Fußboden: Fliesenbelag
Gestaltung
- Geometrische Gestaltung, klare Formen des Gesamtkörpers
- Einfache Gestaltungsmittel
- Bildung vertikaler Öffnungen durch die rationale Anordnung der Stahlbetonfertigelemente
- Inszenierung einer spannungsvollen Stille durch Öffnungs- und Lichtgestaltung
Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Jens Nitsche
+49 (0) 3643 8684-135
+49 (0) 3643 8684-113
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